Voraussetzungen für den Betrieb eines DVTs in der HNO-Praxis

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Voraussetzungen für den Betrieb eines digitalen Volumentomographen in der HNO-Praxis

Freitag, 04.10.2019


Die digitale Volumentomographie (DVT) als moderne, strahlenreduzierte Schnittbildgebung hat sich in den vergangenen Jahren auch im HNO-Bereich zu einem wichtigen Bestandteil in der fachspezifischen Diagnostik entwickelt und kann heute bei einer Vielzahl von klinischen Fragestellungen unseres Fachgebietes, vor allem im Bereich der Nasennebenhöhlen, aber auch bei Mittelohr- und Felsenbeinerkrankungen die konventionelle Computertomographie ersetzen.

Die Technologie wurde ursprünglich ausschließlich im Dentalbereich eingesetzt und in der Vergangenheit für die Anwendung in der Humanmedizin (hier vor allem für die HNO und Orthopädie) weiterentwickelt. Die nun für den humanmedizinischen Einsatz zur Verfügung stehenden DVT-Systeme der SCS MedSeries® Klasse reizen das nach aktueller technologischer Forschung gegenwärtig machbare Maß an Bildauflösung, Bildqualität und Strahlenhygiene vollständig aus und erweisen sich dadurch als der konventionellen Computertomographie überlegen. Die Strahlenbelastung – und das ist gerade unter dem Aspekt der zunehmenden Umweltdiskussion von besonderer Bedeutung - kann im Ergebnis sogar unterhalb der täglichen terrestrischen Strahlendosis eingestellt werden und ist im Vergleich zur Computertomographie um mindestens 50% geringer. Auf die Details bezüglich der Strahlenhygiene werden wir in einem gesonderten Artikel im Rahmen dieser Fortbildungsreihe eingehen. Das mit den SCS DVT Systemen einhergehende Indikationsspektrum erstreckt sich mit dem möglichen Ausmaß an Strahlenhygiene bis in die Pädiatrie.

Ein DVT-Gerät kann in einer HNO-Praxis oder -Klinik nur genutzt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Zunächst muss der betreibende HNO-Arzt über die DVT Fachkunde als qualitätsgesicherte Ausbildung im Sinne der aktuell gültigen Richtlinie „Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz bei dem Betrieb von Röntgeneinrichtungen in der Medizin oder Zahnmedizin“ verfügen. Mit dem Besitz der DVT Fachkunde ist es dem HNO-Arzt dann erlaubt, die rechtfertigende Indikation für DVT-Aufnahmen zu stellen, die DVT-Aufnahmen eigenständig durchzuführen oder unter ärztlicher Verantwortung von Röntgenassistenzpersonal durchführen zu lassen. In letzter Konsequenz erfolgt von dem DVT-fachkundigen HNO-Arzt die Abrechnung bspw. nach GOÄ unter Anwendung der entsprechenden CT-Ziffern.

Leider ist die DVT-Fachkunde kein Bestandteil der aktuellen HNO-Facharztweiterbildungsordnung. Grundlegende Kenntnisse im Strahlenschutz, die früher gängiger Bestandteil der Ausbildung waren, werden zwischenzeitlich selten vermittelt und selbst die Fachkunde zur Durchführung des 2D Projektionsröntgen kann heute kaum noch erworben werden, weil sich die Technik aus bekannten Gründen erübrigt hat. Letzteres ist insofern bedauerlich, als die Kollegen/innen, die heute die HNO-Facharztqualifikation erhalten, in der Regel über zu wenig Grundwissen im Strahlenschutz verfügen. Die notwendigen Kenntnisse im Strahlenschutz (Fachkunde im Strahlenschutz nach Rö4; Abb.1) müssen gegenwärtig also separat und unabhängig von der Facharztausbildung erworben werden, um die Voraussetzungen für den Erwerb der DVT-Fachkunde zu schaffen. Erst dann sind die Voraussetzungen für den Betrieb eines DVT-Gerätes erfüllt. In Abb. 1 ist aufgeführt, dass für den Erwerb der Fachkunde im Anwendungsbiet Rö4 die Absolvierung des Kenntnis-, Grund- und Spezialkurses mit insgesamt 52 Stunden sowie der Erwerb der Sachkunde Röntgendiagnostik durch Bearbeitung von 100 Fällen innerhalb von mindestens 6 Monaten erforderlich ist.


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Abbildung 1: Darstellung des schematischen Ablaufs zum Erwerb der Fachkunde Röntgendiagnostik im Anwendungsbiet Rö4 „Röntgendiagnostik in einem sonstigen begrenzten Anwendungsbereich - z.B. Schädeldiagnostik in der HNO“


Nach erfolgreicher Absolvierung der Fachkunde im Strahlenschutz kann dann im Rahmen einer eintägigen Fortbildungsveranstaltung der Erwerb der DVT-Fachkunde erfolgen. Hierzu wurden in Zusammenarbeit mit der SCS Sophisticated Computertomographic Solutions GmbH bundesweit anerkannte und zertifizierte Kursangebote entwickelt.
Die Ausbildung zur Erlangung der DVT-Fachkunde setzt sich aus der erfolgreichen Teilnahme an einem 8-stündigen DVT Spezialkurs sowie dem Erwerb der DVT-Sachkunde zusammen. Letztere umfasst die Bearbeitung von 50 DVT-Fällen innerhalb von mindestens 3 Monaten. Der schematische Ablauf zum Erwerb der DVT Fachkunde auf Basis der vorhandenen Fachkunde im Anwendungsgebiet Rö4 ist in Abb. 2 aufgezeigt.


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Abbildung 2: Schematische Ablauf zum Erwerb der DVT Fachkunde auf Basis der vorhandenen Fachkunde Röntgendiagnostik im Anwendungsgebiet Rö4


Der DVT-Spezialkurs als Tageskurs vermittelt die gesetzlichen Vorschriften und gerätetechnischen sowie strahlenphysikalischen Grundlagen zur Digitalen Volumentomographie. Die DVT Sachkunde, welche durch einen DVT-fachkundigen Arzt erteilt werden kann, beinhaltet die Kenntnisse zum Stellen der rechtfertigenden Indikation, die technische Durchführung einer DVT-Aufnahme sowie das Erstellen des entsprechenden DVT-Befundes. Entsprechend zertifizierte Kurse zum Erwerb der DVT-Fachkunde finden sich unter dem www.Myscs.com/dvt-fachkunde

Fazit
Die digitale Volumentomographie als 3D Schnittbildgebung bietet uns HNO-Ärzten heute die Gelegenheit, bildgebende Diagnostik eigenständig durchzuführen. Neben der im Vergleich zur konventionellen CT deutlich kürzeren Untersuchungszeit, sofortiger Verfügbarkeit des Bildmaterials und signifikant niedrigerer Strahlenbelastung bietet die DVT eine mindestens gleichwertige Bildqualität. Des Weiteren besteht über diese Technik die auf absehbare Sicht wohl einmalige Gelegenheit, HNO-spezifische Bildgebung wieder zurück ins Fach zu holen und damit das Spektrum zeitgemäßer umfassender HNO-Diagnostik aus einer Hand zu erweitern, bevor es andere tun.

Quellen

Richtlinie „Fachkunde und Kenntnisse im Strahlenschutz bei dem Betrieb von Röntgeneinrichtungen in der Medizin oder Zahnmedizin“ vom 22. Dezember 2005 (GMBl 2006 S. 414), geändert am 27.06 2012 (GMBl 2012 S. 724), korrigiert durch Rundschreiben vom 28.11.2012 (GMBl 2012 S. 1204) ergänzt gemäß Rundschreiben vom 25.01.2013, ergänzt gemäß Rundschreiben vom 17.07.2014, ergänzt gemäß Rundschreiben vom 8.12.2014.